Gesamtschule als alternatives Angebot für Fulda gefordert

Nach meiner festen Überzeugung ist das dreigliedrige Schulsystem ein Auslaufmodell, weil es die Kinder in ihrem Bildungsdrang nicht genügend fördert, sondern teilweise sogar behindert. Welche Bildungschancen Kindern in einem zweigliedrigen Schulsystem eröffnet werden, zeigt beispielhaft die 1975 gegründete Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule in Göttingen. Kürzlich wurde die Gesamtschule wegen ihrer herausragenden Ergebnisse mit dem Deutschen Schulpreis als erfolgreichste Schule Deutschlands ausgezeichnet. Die besten Abiturienten aus Niedersachsen haben 2010 dort nach den Richtlinien des Zentralabiturs ihre Hochschulreife erworben. Jeder vierte Absolvent hat hier eine Eins vor dem Komma der Abschlussnote.

In der Gesamtschule lernen die Kinder in Gruppen. Sie erwerben Wissen und soziale Kompetenzen, indem sie miteinander lernen und sich dabei gegenseitig unterstützen. Fähigkeiten, die sie später im Beruf nutzbringend einsetzen können. Keine Schülerin oder Schüler bleibt sitzen und wird in die vorherige Schulform zurückgeschickt.

Es gibt kaum Unterschiede im Lernerfolg zwischen verschiedenen sozialen Schichten. Man will keine Schulversager produzieren, auf eine gute Atmosphäre legt die Schule viel Wert: Wenn das Kind Angst hat, lernt es nicht! Im Mittelpunkt steht die Entwicklung der Persönlichkeit. So bekommen schwächere Schüler ganz selbstverständlich Nachhilfe in der Schule, außerschulischer Unterricht ist nahezu unbekannt. Zum Teil wird Nachhilfe während des regulären Unterrichts so geschickt verpackt, dass das Kind davon gar nichts merkt. Eltern im Schulamtsbezirk Fulda können davon nur träumen.

Wer im dreigliedrigen Schulsystem in Fulda nicht mitkommt, wird gnadenlos aussortiert. Die Trennung der Grundschüler nach der vierten Klasse ist oft ein groteskes Lotteriespiel. Mehrere Studien zeigen, wie häufig Lehrer mit ihren Empfehlungen für die weiterführende Schule falsch liegen. Nach Erkenntnissen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 2007 (DIW) erhält im dreigliedrigen Schulsystem jeder fünfte Schüler in Fulda bereits in der vierten Klasse Zusatzunterricht, damit er eine Gymnasialempfehlung bekommt.

Das Aussortieren in starke und schwache Schüler im dreigliedrigen Schulsystem ist für mich eine Katastrophe: Aus dem Entwicklungsstand eines Zehn- bis Zwölfjährigen kann man noch nicht ablesen, was aus ihm wird. Wenn die Selektion so früh geschieht, dann trifft man falsche Entscheidungen. Während in anderen europäischen Ländern laut OECD verblüffende 95 Prozent der Schüler – über das Abitur wie auch andere Wege – eine Hochschulzugangsberechtigung erlangen, schaffen es in Deutschland lediglich 38 Prozent. Das sollte uns doch zu Denken geben.

Was uns in Fulda fehlt, ist eine integrierte Gesamtschule, die nach der hessischen Rechtslage wieder zu G9 zurückkehren kann. Derzeit müssen Eltern in Fulda ihre Kinder an einer Privatschule anmelden und hoffen, dass sie genommen werden, wenn sie G8 für ihre Kinder ablehnen.

Die CDU im Kreis Fulda verschließt nicht nur die Augen vor einem modernen zukunftweisenden Bildungssystem, sondern auch vor dem demografischen Wandel. Wegen sinkender Schülerzahlen werden wir gar nicht um die Gesamtschule herumkommen. Die Bundes-CDU ist da schon weiter. Sie setzt auf ein zweigliedriges Schulsystem. Einigen CDU-Bürgermeistern in der Republik geht auch diese Forderung nicht weit genug. Sie sehen gerade im ländlichen Raum wegen sinkender Schülerzahlen keine andere Möglichkeit mehr, als auf die Gesamtschulen zu setzen. Der Kreis ist gefordert, eine zukunftweisende Bildungseinrichtung wie die Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule in Göttingen im Schulamtsbezirk Fulda einzurichten. Die Eltern könnten dann entscheiden, in welche Schule sie ihr Kind schicken. Bisher verweigert die CDU im Kreis Fulda den Eltern die Gesamtschule als Alternative.