
Vor Jahren war ich noch keine aktive Verfechterin der gesetzlichen Frauenquote. Damals ließ ich mich von der Meinung leiten, gut ausgebildete Frauen erklimmen auch ohne eine gesetzliche Quotenregelung die Führungsetagen in Politik und Wirtschaft. Denkste! Die Erfahrungen der letzten Jahre haben mich eines besseren belehrt. Das Gerede von der freiwilligen Frauenquote ist nur hohles Geschwätz. Frauen spielen nach wie vor in Wirtschaft und Politik fast nur in der zweiten Liga. Deshalb kämpfe ich heute für eine feste Frauenquote mit klaren gesetzlichen Regelungen. Alles andere bringt uns Frauen überhaupt nichts.
Was Männer von Frauen in Führungspositionen wirklich halten äußern sie nur hinter vorgehaltener Hand. In der von Männern dominierten FDP lässt dann wohl doch mal der eine oder andere die Sau raus! Da empörte sich doch kürzlich öffentlich die Bundesvorsitzende der Liberalen Frauen, Doris Buchholz, über Parteifreunde, die es ablehnten FDP-Frauen zu plakatieren, weil diese ihnen zu wenig attraktiv erschienen: „Man hat mir gesagt, man möchte gut aussehende Frauen auf den Wahlplakaten – nach dem Motto: Sex sells.“
Da wundert man sich nicht, dass die „Frauenpolitik“ der CDU/CSU/FDP geführten Bundesregierung höchst bescheiden ausfällt! Der Kuschelkurs mit Flexiquote von Familienministerin Kristina Schröder ist samt und sonders gescheitert.
In Bezug auf Frauen in Führungspositionen rangiert Deutschland laut Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im europäischen Vergleich auf dem vorletzten Platz.
Unmissverständlich wird in der Analyse ausgeführt: Frauen sind an maßgeblichen Entscheidungsprozessen in großen deutschen Unternehmen nach wie vor kaum beteiligt. Vorstände der DAX Unternehmen konnten ihren Frauenanteil im vergangenen Jahr um magere 1,5 Prozent auf peinliche 3,7 Prozent steigern. In den Top-200-Unternehmen sind Frauen sogar noch seltener anzutreffen; bei 3 Prozent, 942 Vorstandsposten, werden gerade einmal von 28 Frauen wahrgenommen. In den Aufsichtsräten sitzen immerhin 11,9 Prozent Frauen. Zwei Drittel von ihnen sind aber Arbeitnehmervertreterinnen, die aufgrund von Mitbestimmungsregeln den Gremien angehören.
Kaum nachzuvollziehen, wenn man in der Studie von Ernst & Young liest: Unternehmen mit weiblichen Vorstandsmitgliedern haben sich im Zeitraum von 2005 bis 2010 bei den Kennziffern Umsatz und Gewinn besser entwickelt als Unternehmen ohne weibliche Vorstandsmitglieder.
Im internationalen Vergleich wird sehr deutlich, dass Fortschritte bei der Beteiligung von Frauen nur gemacht werden, wenn Sanktionen drohen. Wir hatten in Deutschland über 10 Jahre lang eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen, Frauen in den Führungsebenen aufzunehmen – gebracht hat es so gut wie gar nichts.
Deshalb trete ich heute für konkrete Lösungen bei der Frauenförderung ein: Konkrete Zielgrößen sowie ein verbindlicher Zeitfahrplan müssen gesetzlich festgeschrieben werden. Außerdem gilt es, Besetzungsverfahren und Bezahlung offen und transparent zu gestalten.
In der Politik haben wir als Sozialdemokraten – was Förderung von Frauen angeht – auch einige Hausaufgaben zu erledigen gehabt. Die SPD hat seit langem eine 40 Prozent Quote auf den Wahllisten. Nach den Wahlen sind die tatsächlichen Verhältnisse aber oft andere – nur selten werden die 40 Prozent tatsächlich erreicht. Der Bundesparteitag hat nun kürzlich beschlossen, das sogenannte Reißverschlussverfahren bei der Erstellung von Listen anzuwenden. Auf jeden Mann folgt zukünftig eine Frau auf der Liste.
Ich begrüße die „Berliner Erklärung“ vom Dezember 2011, mit der Frauen fraktionsübergreifend mehr Geschlechtergerechtigkeit in Führungsgremien der Unternehmen erreichen wollen. Wir sollten uns als Frauen alle diese Erklärung zu eigen machen und die Frauenquote in einem Gesetz festschreiben. Nur so kommen wir wirklich voran!