Postengeschachere in Wiesbaden
Unglaubliches Postengeschachere spielt sich derzeit in Wiesbaden ab: Aus Panik und Angst vor der Landtagswahl führen sich CDU und FDP bei der Vergabe hochdotierter Stellen wie im Selbstbedienungsladen auf. Da soll ein jetziger FDP-Landtagsabgeordneter im kommenden Jahr zum Vizepräsidenten des Landesrechnungshofs ernannt werden. Ein CDU-Abgeordneter wird in 2013 zum Geschäftsführer der landeseigenen Wirtschafts und Infrastrukturbank berufen. Ein zentrales Landesschulamt (das laut Anhörung von Experten NIEMAND braucht, im Gegenteil: die örtlichen Schulämter werden dadurch geschwächt) wird in Wiesbaden neu aufgebaut und ein „verdienter“ FDP-Mann als Leiter bestellt.
Diese Versorgungspolitik von Schwarz-Gelb ist an Dreistigkeit und Klüngelei nicht zu überbieten. Alles hochdotierte Stellen, die rechtzeitig vor der Landtagswahl noch mit „verdienten“ Schwarz-Gelben besetzt werden. Gerade die FDP-Besetzung im Landesrechnungshof ist untragbar. Der Kandidat verfügt nicht über die notwendigen Voraussetzungen, und diese Personalentscheidung basiert auf einer rein parteipolitischen Einflussnahme, die bei der erwarteten und notwendigen Neutralität des Rechnungshofs nicht zu verantworten ist.
Tariftreue und Mindestlohn in weiter Ferne
Seit Jahren fordern wir in Hessen ein Tariftreuegesetz. Dieses wurde von uns im Oktober vorlegt und jetzt ziehen andere Fraktionen und auch die Landesregierung nach. Uns war wichtig, insbesondere die Vergabekriterien neu zu regeln und einen Mindestlohn festzuschreiben. Im jetzt vorgelegten Gesetzentwurf von CDU und FDP werden diese Kriterien nur unzureichend berücksichtigt. Die Rahmenbedingungen für kleine und mittelständische Betriebe und Unternehmen werden nicht verbessert. Die notwendigen gesetzlichen Regelungen gegen Dumpingkonkurrenz und Dumpinglöhne sucht man vergeblich.
Keine Vorgaben zu Tariftreue und Mindestlohn und ebenso keine Kontrollvorschriften bei Weitervergabe an Subunternehmen. Gerade letzteres führt auf vielen Baustellen, insbesondere der öffentlichen Hand, zu Vergaben an unbekannte Firmen, die mit Dumpinglöhnen arbeiten und ihre Mitarbeiter unter unerträglichen Bedingungen in Containern unterbringen. Ministerpräsident Bouffier lehnt einen allgemeinen Mindestlohn nach wie vor strikt ab und betätigt sich auch in diesem Politikfeld als radikaler Hardliner.
Für uns als Sozialdemokraten gehört auch eine anständige Entlohnung, von der man leben kann, zur Würde des Menschen. Diese treten CDU und FDP mit Füßen, wenn sie nach wie vor gegen einen Mindestlohn kämpfen. Daher ist der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Gesetzentwurf für uns nicht tragbar. Wir werden in der weiteren Gesetzesberatung unser eigenes Tariftreue und Vergabegesetz vertreten und darauf dringen, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge soziale, ökologische und arbeitnehmerfreundliche Kriterien im Vergabeverfahren berücksichtigt werden.
Aufträge dürfen nur noch an solche Unternehmen vergeben werden, die ihre Mitarbeiter/innen tariftreu entlohnen. Nur so können Betriebe, die ihre Mitarbeiter fair behandeln und ordentlich bezahlen, vor Wettbewerbsverzerrungen und Dumpingkonkurrenz geschützt werden. Es gelten die vereinbarten Tarifabschlüsse, und dort wo es keine Tarifverträge gibt, fordern wir einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, der jährlich an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen ist. Die Argumentation der Landesregierung, dies halte europäischem Recht nicht stand, ist für uns absurd, da bereits acht Bundesländer nach einem solchen Vergabe und Tariftreuegesetz verfahren.
Ausbau der Kinderbetreuung zu schleppend
Frühkindliche Bildung sichert Kindern Zukunftschancen und den Eltern / Alleinerziehenden die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Beides trägt zur Sicherung unseres Fachkräftebedarfs bei und ist für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes von entscheidender Bedeutung. Der Ausbau der Kinderbetreuung ist aus unserer Sicht eine Aufgabe, die von Bund, Land und Kommunen gemeinsam zu schultern ist. Diese vereinbarte Drittelfinanzierung wird in Hessen nicht umgesetzt.
Die Finanzierung der Betreuung für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren wird derzeit in Hessen vorwiegend aus Mitteln des Kommunalen Finanzausgleichs finanziert. Mehrkosten, die sich beispielsweise aus einer Landesverordnung (für mehr Personal) ergeben, müssen von Kommunen erst über den Staatsgerichtshof eingeklagt werden, da das Land freiwillig nichts bezahlte.
Die SPD kritisiert, dass die Landesregierung sich immer mehr aus der Finanzierung der Kinderbetreuung herauszieht und die Städte und Gemeinden beim Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder unter 3 Jahren allein lässt. Die SPD im Bund und Land Hessen kritisiert das unsinnige Betreuungsgeld, das bildungspolitisch, frauenpolitisch und aus Sicht des Arbeitsmarktes der völlig falsche Ansatz ist. Die Aufwendungen hierfür, die allein für Hessen ca. 130 Mio. € pro Jahr ausmachen, wären beim Ausbau von Kita-Plätzen tausendmal besser angelegt.
Energiewende halbherzig
Hessen schneidet in Bezug auf die Energiewende im Vergleich mit den anderen Bundesländern sehr schlecht ab. Unser Stromanteil nach dem EEG beträgt gerade 9 %, und Hessen belegt damit Platz 11 im Bundesvergleich. Auch das von CDU und FDP vorgelegte sogenannte „Energie-Zukunfts-Gesetz““ bringt hier keinen Schwung, und es ist substanzlos. Wir vermis¬sen konkrete Vorgaben und Handlungsanweisungen. Die Energiewende wird von dieser Landesregierung regelrecht ausgebremst. Mit unserem vorgelegten Energie-Konjunktur-Gesetz haben wir eine wirkliche und anspruchsolle Alternative auf den Tisch gelegt, die geeignet ist, Hessen vom Schlussplatz bei der Erzeugung erneuerbarer Energien an die Spitze zu holen.
Unser Ziel ist es, dass Kommunen zum Motor der Energiewende werden und Hemmnisse, wie die Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen, beseitigt werden. Wir fordern hier nach wie vor eine Änderung der Hessischen Gemeindeordnung, um den Kommunen den notwendigen Handlungsspielraum zu geben.
Ebenso ist es uns wichtig, die Bürgerinnen und Bürger bei der Energieerzeugung zu beteiligen. Neben lokalen Energiebeiräten sehen wir die Förderung des Genossenschaftswesens als notwendige Maßnahme an. Auf dem hessischen Energiegipfel wurde ursprünglich eine 2%-Regelung für den Ausbau der Windkraft vereinbart. Wir fordern, diese verbindlich im Landesplanungsgesetz festzuschrei¬ben, doch hier halten sich CDU/FDP wieder einmal zurück.
Die SPD setzt auf eine dezentrale Energieerzeugung, die von Bürgern, Kommunen und örtlichen Investoren getragen wird. Nur so wird es gelingen, die regionale Wertschöpfung zu stärken, Arbeitsplätze im Mittelstand zu sichern und Steuern in die klammen Kommunalhaushalte zu bringen.Unsere Forderung, die Anrainer-Kommunen bei der Ausweisung von Windkraftanlagen auf Flächen von Hessen-Forst zu beteiligen, wird derzeit ignoriert. Auch hier sehen wir die Gefahr, dass das Land Windflächen an meistbietende Investoren von außerhalb vergibt, statt örtliche Betreiber zu bevorzugen. Damit bliebe nicht nur die Akzeptanz vor Ort, sondern vor allem auch die regionale Wirtschaft auf der Strecke.
Das jetzt von Schwarz-Gelb vorgelegte sogenannte „Energie-Zukunfts-Gesetz“ ist weit von den Minimalbeschlüssen des Hessischen Energiegipfels entfernt. Die Hessische Umweltmi-nisterin hat unser Angebot, die Ergebnisse des Energiegipfels in einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu gießen, abgelehnt.
Die Energiewende in Hessen geht so nur schleppend voran und beweist, dass CDU und FDP nach wie vor nicht wirklich hinter den Beschlüssen zum Atomausstieg stehen. Im Gegenteil: Verschleppung und Vorschläge wie der des Ministerpräsidenten, der die erneuerbaren Energien wieder in die Hände von großen Stromkonzernen legen will, zeigen, dass hier ein Preiskampf auf dem Rücken der Verbraucher stattfindet.