Frauenbewegung weist den Weg in die Zukunft

Die Frauengeneration vor uns hat viel erreicht: Mehr Mädchen als Jungen machen Abitur, mehr Frauen als Männer haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium.

Junge Frauen sagen mir immer wieder: Politik für Frauen und Quoten brauchen wir nicht – wir gehen unseren eigenen Weg. Das mag schon sein! Doch das Leben der jungen Frauen und ihre Chancen ändern sich dramatisch, wenn sie Mütter werden. Von gleichen Chancen für Frauen und Männer kann dann kaum noch die Rede sein, außer, es ändert sich grundlegendes für Frauen in Beruf und Familie.

Wir haben heute viel erreicht lehrt uns die Geschichte der Frauenbewegung: 1911 gingen die Frauen für ihre Rechte wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit auf die Straße. Das Frauenwahlrecht haben Frauen erstritten. Noch 1958 konnten die Männer über das Einkommen ihrer Frauen bestimmen und ihre Arbeitsstelle kündigen, wenn sie ihre hausfraulichen Pflichten verletzten. Bis 1977 waren die Rollen in der Ehe noch gesetzlich geregelt – der Mann war Chef und Ernährer, die Frau war Hausfrau und Mutter. Und erst seit 1977 gilt die Vergewaltigung in der Ehe als Straftat. Das ist alles noch nicht so lange her.
Und dennoch – von gleichen Chancen sind wir Frauen heute noch weit entfernt. Noch immer verdienen Frauen im Durchschnitt 23 Prozent weniger als Männer. In den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft findet man Frauen nach wie vor sehr selten.

Wir brauchen ein Umdenken! Notwendig ist ein Kulturwandel in den Unternehmen, der es jungen Frauen ermöglicht, sich zu entfalten und ihre Potentiale einzubringen.

Beispiel skandinavische Länder. Dort werden grundsätzlich nach 16.00 Uhr keine Konferenzen mehr einberufen, weil junge Mütter und Väter dann ganz selbstverständlich auf dem Weg in die Kindergärten sind, um ihre Kinder abzuholen.

Eine reduzierte Wochenarbeitszeit von 32 Stunden für beide Elternteile mit entsprechendem finanziellen Ausgleich aus Steuergeldern ist hier allemal besser als eine weitere Kindergelderhöhung. Es kommt der Lebenswirklichkeit junger Eltern näher.

Wenn es um eine gute und qualifizierte Kinderbetreuung geht, haben wir in Deutschland immer noch Nachholbedarf. Was uns fehlt, ist die Flexibilität im Leben der Familie wie in den Unternehmen. Es gibt Arbeitszeitmodelle, die Kind und Beruf besser miteinander vereinbaren – übrigens auch für junge Väter.

Studie um Studie belegt den Wert weiblicher Führung in den Betrieben. Eine Untersuchungsreihe der Top 500-Liste des amerikanischen Magazins Forbes zeigt, dass mit mehr Frauen in der Führungsebene deutlich höhere Gewinne erzielt werden. Das ist ein sehr bedenkenswertes Ergebnis.

Im internationalen Vergleich wird sehr deutlich, dass Fortschritte bei der Beteiligung von Frauen nur gemacht werden, wenn Sanktionen drohen. Wir hatten in Deutschland über 10 Jahre lang eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen, Frauen in den Führungsebenen aufzunehmen – gebracht hat es so gut wie gar nichts.

Deshalb trete ich heute für konkrete Lösungen bei der Frauenförderung ein: Konkrete Zielgrößen sowie ein verbindlicher Zeitfahrplan müssen gesetzlich festgeschrieben werden. Außerdem gilt es, Besetzungsverfahren und Bezahlung offen und transparent zu gestalten.

In der Politik haben wir als Sozialdemokraten – was Förderung von Frauen angeht – auch einige Hausaufgaben zu erledigen gehabt. Die SPD hat seit langem eine 40 Prozent Quote auf den Wahllisten. Der Bundesparteitag hat beschlossen, das sogenannte Reißverschlussverfahren bei der Erstellung von Listen anzuwenden. Auf jeden Mann folgt zukünftig eine Frau auf der Liste.

Ich begrüße die „Berliner Erklärung“, mit der Frauen fraktionsübergreifend mehr Geschlechtergerechtigkeit in Führungsgremien der Unternehmen erreichen wollen. Wir sollten uns als Frauen alle diese Erklärung zu eigen machen und die Frauenquote in einem Gesetz festschreiben. Nur so kommen wir wirklich voran!