Keine Sonderrechte für Konzerne im TTIP

Äbbelwoi und Handkäs bald von Uncle Sam? Wie können Hessens Regionalmarken bei einem Freihandelsabkommen TTIP geschützt werden? Bisher gibt es für die Regionalvermarkter und andere deutsche warenproduzierende Unternehmen keinen Schutz im transatlantischen Freihandelsabkommen der EU und den USA (TTIP). Die Verhandlungen über das TTIP wurden bisher hinter verschlossenen Türen geführt. Viel Misstrauen wurde durch intransparente Verhandlungen und fragwürdige Gespräche mit Lobbygrubben gesät. Die neue EU-Kommission hat offensichtlich gelernt und in vielen Verhandlungsbereichen Transparenz hergestellt.

Liefert beispielsweise Uncle Sam Äbbelwoi und Handkäs, können Regionalvermarkter nach dem jetzt vorliegenden Entwurf des TTIP drastisch benachteiligt werden. Beispielsweise könnte ein Regionalvermarkter wegen seines Reinheitsgebots in seinen Produkten auf Schadenersatz vor einem privaten internationalen Schiedsgericht verklagt werden, weil ein international agierender EU- oder US-Konzern in dem Reinheitsgebot einen Wettbewerbsnachteil sieht. Eine Katastrophe, denn die privaten internationalen Schiedsgerichte entscheiden nicht nur in letzter Instanz, sie stehen auch nach dem TTIP nur international tätigen Unternehmen offen. Transnational arbeitende Unternehmen werden damit besser gestellt als nationale Unternehmen, die weiterhin vor ordentlichen Gerichten klagen müssen.

Der Investorenschutz im TTIP gibt internationalen Konzernen auch das Recht, Staaten vor privaten Gerichten zu verklagen, weil sie Umweltauflagen für Kohlekraftwerke, Aufklärungsaktionen über die Schädlichkeit des Nikotinkonsums etc. durchführen. Gegen solche Klagen wären die gewählten demokratischen Parlamente in der Bundesrepublik machtlos. Der Staat wäre in seinen Möglichkeiten blockiert, für seine Bürgerinnen und Bürger Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Die internationalen EU- und US-Konzerne können europäische Gesetze mit dem Investorenschutz im TTIP aushebeln und quasi durch die Hintertür sogenanntes Hormon- oder Klonfleisch oder mit Chlor behandeltes Fleisch einführen und den Datenschutz und die Kennzeichnungspflicht kippen. Gefährdet wären alle arbeitsrechtlichen oder betriebsverfassungsrechtlichen Standards sowie der erst kürzlich eingeführte Mindestlohn.
Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft lehnt den Investitionsschutz im TTIP strikt ab, da diese den demokratischen Rechtsstaat aushebeln.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat als Alternative die Gründung eines Internationalen Handelsgerichtshofs vorgeschlagen. Sicher wäre das eine Lösung. Doch Vorsicht! Im Rahmen multinationaler Handelsgespräche wird schon seit Jahren vergebens um eine von Gabriel vorgeschlagene Lösung gerungen. Gebracht haben die Verhandlungen bisher nichts!

Australien war beim Zustandekommen des Freihandelsabkommen mit den USA kompromisslos. Das Land hat vor sechs Jahren die Streichung des Investorenschutzes für Konzerne durchgesetzt. Es geht also!

Als Sozialdemokraten wehren wir uns gegen die Benachteiligungen im Freihandelsabkommen TTIP. Wir haben deshalb einen Antrag in den hessischen Landtag eingebracht. Darin fordern wir die Festschreibung unserer Standards im TTIP zur Gentechnik, dem Umweltschutz, der Lebensmittelqualität, dem Datenschutz, der Kennzeichnungspflicht, des Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht, des Mindestlohns und die Abschaffung der privaten Schiedsgerichte.
Sind die aufgeführten Hindernisse im Freihandelsabkommen gestrichen, bietet das Abkommen auch für Hessen große Chancen. Nach einer im Auftrag der Bertelmann-Stiftung durchgeführten Info-Studie könnten durch einen verstärkten Handel zwischen der EU und den USA allein in Hessen bis zu 6.800 zusätzliche Arbeitsplätze mit dem Schwerpunkt Maschinenbau, Büromaschinen und chemischer Industrie entstehen.

Wer die Diskussion verfolgen und sich einbringen will, dem empfehle ich die Internetseite www.SPD-Freihandelskonferenz.de.