
Für mehr Durchlässigkeit im hessischen Bildungssystem setze ich mich als SPD-Landtagsabgeordnete seit Jahren ein. Bildungsstudien belegen, dass Ganztagsschulen Durchlässigkeit im Bildungssystem gewährleisten. Die Bildungschancen jedes einzelnen Kindes werden erhöht, weil sie mehr Zeit und Freiraum für individuelle Förderung und Entfaltung der persönlichen Begabungen zulassen.
Schulen mit allgemeinen Nachmittagsangeboten sind für mich kein Ersatz für die Ganztagsschulen. Erst das Verteilen von Lernangeboten auf Vor- und Nachmittage und die Rhythmisierung von Zeiten, in denen gemeinsam und individuell gelernt und die Hausaufgaben erledigt werden, macht den Unterschied zu Schulen mit Nachmittagsangeboten aus.
Für die Ganztagsschulen spricht besonders der geringe Anteil der Kinder, die am Bildungssystem scheitern. Die Zahl der Sitzenbleiber geht gegen null. Die Lernergebnisse sind deutlich besser. Durch zusätzliche Zeit zum Lernen werden bessere schulische Ergebnisse erzielt. Das Familienleben wird weitgehend vom Schulstress befreit. Wenn Kinder die Ganztagsschule besuchen, verstehen sich Eltern und Kinder einfach besser, lehrt die Erfahrung.
Unterricht bis in den Nachmittag hinein bietet auch Lehrern, Erziehern, und Sozialpädagogen die Möglichkeit, besser zusammenzuarbeiten. Die Arbeit mit den außerschulischen Partnern, wie Musikschulen, Museen, Stadtbibliotheken, Sportvereinen wird gefördert.
Ganztagsschulen sind Lern-, Erfahrungs- und Kulturräume, die selbstständiges und eigenverantwortliches Lernen fördern. Diese Schulform nimmt alle Schülerinnen und Schüler an, egal ob mit oder ohne Behinderung. Durch die besseren Lern- und Arbeitsbedingungen in den Ganztagsschulen werden die leistungsstarken wie die leistungsschwächeren Schülerinnen und Schüler gefördert.
Es lohnt sich für ein Schulsystem einzusetzen, das alle Kinder mitnimmt und ihnen faire und gerechte Bildungschancen garantiert, den Abbau schulischen Scheiterns forciert und eine aktive gesellschaftliche Teilhabe, Integration und Inklusion aller Kinder fördert. Die Einbindung behinderter Schülerrinnen und Schüler in den allgemeinen Unterricht aller Schulformen ist für mich eine Selbstverständlichkeit.
In Deutschland wollen Eltern mehrheitlich die Ganztagsschulen für ihre Kinder. Leider können zurzeit nur knapp vier Prozent der Schülerinnen und Schüler eine Ganztagsschule in Hessen besuchen. Nach Angaben der Kultusministerkonferenz ist Hessen beim Ausbau von Ganztagsschulen nach wie vor Schlusslicht unter allen Bundesländern.
Die Ganztagsschule gelingt nur, wenn die hessische Landesregierung endlich ein umfassendes Schulbauprogramm auflegt, das Kreise und Kommunen beim Ausbau von Ganztagsschulen unterstützt bzw. die finanziellen Ressourcen lässt, die sie für den Ausbau benötigen. Hier darf nicht auf Kosten der Grundschulen und Gymnasien umgeschichtet werden. Die Landesregierung muss für diesen wichtigen Bereich zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen. Auf Bundesebene muss darauf hingewirkt werden, dass die angekündigten Mittel zur Stärkung der Investitionskraft der Kommunen auch für Investitionen in die Verbesserung der räumlichen und sächlichen Bedingungen in den Schulen verwendet werden können.
Es gilt eine verlässliche Lehrerversorgung an ganztägigen Schulen auf der Grundlage des tatsächlichen Bedarfs zu schaffen. Der Landtag muss sich für verbindliche, bundesweit geltende Qualitätsstandards der Ganztagsschulen einsetzen. Die räumliche, personelle und sächliche Ressourcen sowie eine hochwertige Verpflegung beim Mittagessen und eine inhaltliche Weiterentwicklung von Ganztagsschulen sind dafür die Voraussetzung.
Ganztagsschulen sind sowohl aus pädagogischer als auch aus sozialpolitischer und wirtschaftlicher Sicht vernünftig und ein Gewinn für Schüler, Eltern, Lehrer und der Wirtschaft.
Der von der hessischen Landesregierung initiierte Bildungsgipfel verläuft derzeit leider ohne substanzielle Fortschritte für die Ganztagsschulen. So wird die deutsche Kultusministerkonferenz auch zukünftig melden: Hessen ist beim Ausbau der Ganztagsschulen weiterhin das Schlusslicht unter allen Bundesländern.