
Über 70 000 Flüchtlinge kamen allein 2015 nach Hessen: Dazu stellt die Fuldaer Zeitung die Frage: Sind mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau nötig? Darauf kann ich nur mit Ja antworten.
Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ist zwar mit den Flüchtlingen gestiegen, hat aber vor dem Eintreffen der Flüchtlinge bereits bestanden. Nach Schätzungen fehlen seit Jahren in Hessen ca. 400.000 bezahlbare Wohnungen, weil Hessen in den letzten Jahren den sozialen Wohnungsbau praktisch nicht mehr gefördert hat. Diesen Hinweis schicke ich vorweg, damit man den dringenden Bedarf an sozialem Wohnraum nicht allein im Zusammenhang mit dem Zuzug von Flüchtlingen sieht und diskutiert.
Die eingangs gestellte Frage greift meines Erachtens zu kurz, weil Flüchtlinge nur unter der Forderung nach finanzieller Unterstützung für ihre Unterbringung ins Blickfeld kommen. Die Kosten sind aber nur ein Aspekt, wenn das Thema Flüchtlinge in den Fokus rückt.
Ich teile die Auffassung des Präsidenten des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert, der im aktuellen Interview mit der FZ (07.01.2016) sagt: Der Flüchtlingszuzug ist gewiss eine große Belastung, die diese Gesellschaft stemmen muss. Aber damit ist auch eine große Chance verbunden. Zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben geben Bund, Länder und Kommunen 2015 und 2016 rund 22,1 Millionen Euro aus. Ein beachtlicher Teil wird für Schulen, Kindergärten und Qualifizierungen aufgewendet.
Die Flüchtlinge kosten nicht nur, sie haben auch etwas zu bieten: Ihre Arbeitskraft! Die wird dringend gebraucht. Seit Jahrzehnten wird in der Wirtschaft der Mangel an Arbeitskräften beklagt. Köche und Kellner dringend gesucht titelt die FZ (07.01.2016) und führt aus: Zuviel Arbeit und zu wenig Personal: Der Felsenkeller muss vorübergehend schließen. Im Bereich Kaufmännische Dienstleistungen, Warenhandel, Vertrieb, Hotel und Tourismus, Restaurantfachleute oder Hotelfachleute eingeschlossen, sind noch 483 freie Ausbildungsstellen zu besetzen. Das Stellenangebot nimmt zu, die Nachfrage nimmt ab. Das gilt auch für das Handwerk und den Pflegebereich. Durch die fehlenden Nachwuchskräfte wird es zu einem weiteren Personalmangel kommen.
Besonders junge Flüchtlinge könnten die freien Ausbildungsplätze annehmen und sich und die Allgemeinheit voranbringen. Wenn wir diejenigen integrieren, die bleiben können und wollen, ist das ein Vorteil für die Betroffenen wie für Deutschland.
Das Ziel, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren lässt sich, wie bereits erwähnt, in Zusammenarbeit von Bund, Land Hessen, Landkreis Fulda und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden erreichen.
Während der Beratungen über den Landeshaushalt Hessen ist es uns als Sozialdemokraten im Landtag gelungen, die Landesregierung davon zu überzeugen, dass im sozialen Wohnungsbau zur Bewältigung der gesellschaftlichen Aufgaben die Mittel aufgestockt werden müssen.
Für den Wohnungsbau im Landkreis Fulda empfehlen wir als SPD Kreistagsfraktion verschiedene Mietraumfördermaßnahmen. Bei der Ausweisung neuer Baugebiete ist ein Anteil öffentlich geförderter Wohnungen festzuschreiben. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften sind zu aktivieren und auszubauen. Fehlbelegungen zu Gunsten Anspruchsberechtigter müssen korrigiert werden. Wohnungen dürfen nicht so schnell aus der Sozialbindung fallen. Eine Mietpreisbremse ist konsequent umzusetzen.
Für uns als Sozialdemokraten lautet das Motto: Mehr bezahlbaren Wohnraum für alle, für Bedürftige in der Bevölkerung und für Flüchtlinge. Arbeiten und Verdienst, damit Nahrung, Kleidung und Wohnung finanziert werden können, gehören für uns und die Flüchtlinge untrennbar zusammen. Gelingt das, profitieren wir alle davon!