
Brandbrief überrascht niemanden
Der Brandbrief der Frankfurter Schulleiter kommt für niemanden überraschend. Seit Jahren klagen Lehrerverbände und Eltern über Lehrermangel und zu große Klassen.
Alle Lehrämter müssen gleich bezahlt werden, denn die Arbeit ist in der Grundschule genauso anspruchsvoll wie im Gymnasium.
Die Arbeitsbelastung sei sowohl zeitlich als auch psychisch für Lehrerrinnen und Lehrer kaum zu bewältigen, schreiben 57 Grundschulleiter und 18 Konrektoren in einem Brief an Kultusminister Alexander Lorz (CDU) es sind rund zwei Drittel der Frankfurter Grundschulen, die hinter der dreiseitigen Erklärung stehen. Die Situation sei für Lehrer und Schulleiter nicht mehr tragbar, sagt Benedikt Gehrling, Sprecher der Frankfurter Grundschulleiter. Und es ist auch für die Kinder unbefriedigend. Wir können ihnen nicht so gerecht werden, wie wir uns das wünschen.
Dass es in Grundschulen an Lehrern mangelt, gibt nun, wenn auch viel zu spät, auch das Kultusministerium zu. Für das nächste Schuljahr rechnet das Ministerium mit 200 bis 300 fehlenden Lehrern an hessischen Grundschulen. Anmerken muss man aber auch, dass im vergangenen Jahr 140 Stellen von CDU und Grünen gestrichen wurden. An Förderschulen könne die Zahl der unbesetzten Stellen in einer zweistelligen Größenordnung liegen. Deswegen hat Lorz kürzlich ehemalige Lehrer gebeten, ihren Ruhestand zu unterbrechen und in den aktiven Schuldienst zurückzukehren. Auch will man Haupt-, Realschul- und Gymnasiallehrer ohne Anstellung umschulen. Doch ich bezweifele sehr, dass sich da wirklich die erhofften Lehrer melden. Soll ich jetzt für die Fehlplanung der Landesregierung meinen Kopf hinhalten? Das können die da oben gleich vergessen!, so und ähnlich haben sich mir gegenüber angesprochene Lehrerinnen und Lehrer geäußert.
Der Lehrermangel besteht seit vielen Jahren und nicht erst seit Eintreffen der Flüchtlingskinder. Die Lehrerausbildung wurde auf Sparflamme heruntergefahren, statt vorausschauend und am Bedarf orientiert zu planen. Es ist Aufgabe des Kultusministeriums die Entwicklungen der Schülerzahlen statistisch zu erfassen und auszuwerten. Kinder stehen nicht ohne Ankündigung vor der Tür einer Schule. In der Regel ist das sechs Jahre vorher bekannt. Pensionierungen brechen nicht über Nacht herein, sondern haben Vorlaufzeiten. Auch der Mangel an Förderschullehrkräften, die Hessen zur Umsetzung der Inklusion dringend benötigt, ist seit Jahren bekannt, aber zu wenig beachtet worden. Hinzu kommt die Tatsache, dass in bestimmten Fächern in anderen Schulformen Lehrkräfte fehlen, insbesondere an den Beruflichen Schulen, die sich mehr schlecht als recht mit Quereinsteigern behelfen.
Alle Initiativen von uns Sozialdemokraten zum Ausbau der Aus- und Weiterbildungskapazitäten wurden durch die schwarz-grüne Koalition abgelehnt und alle Hinweise auf die vielen Überlastungsanzeigen, besonders aus Grundschulen, in den Wind geschlagen. Die Landesregierung weiß durch eine Vielzahl von Protestschreiben, dass viele Lehrkräfte in Hessen seit langem unter der stetig steigenden Arbeitsbelastung ächzen und sich an den Schulen einiges grundlegend ändern muss. Die Landesregierung hat mit ihrer Politik des Ignorierens und Abwartens die Motivation junger Menschen, den Lehrerberuf zu ergreifen, an die Wand gefahren.
Als SPD-Fraktion haben wir die Belastungssituation der Lehrkräfte erst vor einer Woche ein weiteres Mal aufgegriffen und eine Große Anfrage dazu in den Landtag eingebracht. Kultusminister Lorz soll im Kulturpolitischen Ausschuss des Hessischen Landtags zum Lehrermangel an hessischen Schulen, den nun endlich auch die schwarz-grüne Landesregierung eingestanden hat, Stellung nehmen.
Um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, muss die Aus- und Weiterbildung gestärkt, gute Arbeitsbedingungen geschaffen, das Lehramtsstudium attraktiver gestaltet und Hierarchien abgebaut werden. Für alle Lehrämter sind gleiche Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten zu schaffen. Das wäre auch nach meiner Ansicht zumindest ein Anfang, um die schwelenden Probleme anzugehen.