Bürgerbeteiligung in Hessen unerwünscht

Bürgerbeteiligung in Hessen unerwünscht
Im Bund gibt es seit 2006 ein Informationsfreiheitsgesetz(IFG). Warum gibt es das nicht in Hessen? Warum verwehrt die Landesregierung Hessen ihren Bürgerinnen und Bürgern mit einem IF-Gesetz den Zugang zu Akten und Papieren von Behörden, die der Bund und die meisten anderen Länder ihren Bürgern gewähren. Dieses Ungleichgewicht versuchen wir als Sozialdemokraten mit unserem Gesetzentwurf seit Jahren im hessischen Landtag zu beheben. Wir wollen mit dem IFG das Verwaltungshandeln des Landes und der Kommunen transparenter gestalten und den Informationszugang erleichtern. Dadurch wird die effektive Wahrnehmung von demokratischen Beteiligungsrechten gestärkt und die Akzeptanz staatlichen Handelns verbessert.
In einer modernen Informationsgesellschaft muss nach meiner Überzeugung eine größtmögliche Beteiligung der Menschen an den Entscheidungsprozessen selbstverständlich sein. Das ist die Grundlage für die demokratische Meinungs- und Willensbildung. Ich will den Zugang zu Informationen nicht nur durch pflichtgemäßes Ermessen oder bei Vorliegen eines berechtigten Interesses gewährleistet sehen. Ich möchte einen grundsätzlich unbegrenzten Informationszugangsanspruch, der seine Schranken lediglich in Schutzvorschriften zugunsten Dritter findet.
In der 45 Sitzungen des Hessischen Landtages haben wir als SPD unseren Gesetzentwurf eines Transparenzgesetzes zum wiederholten Male eingebracht, weil Transparenz und Zugang zu Informationen notwendige Voraussetzungen für Teilhabe und Mitbestimmung in einer modernen, lebendigen Demokratie sind.
Eine moderne Verwaltung muss durch ein umfassendes Informationsrecht den Zugang zu amtlichen Informationen gewähren, um über die bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die Transparenz der Verwaltung zu gewährleisten. Nur auf diese Weise kann die Kontrolle staatlichen Handelns verbessert, die Nachvollziehbarkeit von politischen Entscheidungen erhöht, sowie die Meinungs- und Willensbildung in der Gesellschaft gestärkt und gefördert werden.
Informationsfreiheit und Zugangsfreiheit sind elementare Bürgerrechte. Staat, Politik und gerade diese Landesregierung müssen sich öffnen und Vorhaben und Entscheidungsgrundlagen in diesem Land nachvollziehbar machen.
Die Erfahrungen anderer Bundesländer basieren auf Gesetzen, die schon seit zwanzig Jahren in Kraft sind. Nirgends wird von Erfahrungen berichtet, die belegen, dass Verwaltungen lahm gelegt wurden, weil tausende Bürger plötzlich ihr Informationsinteresse entdeckt haben.
Es besteht das berechtigte Interesse an Beschlüsse der Gremien, um das Wie und Warum zu verstehen. Das hilft den Menschen in Bürgerinitiativen genauso bis hin zu Informationen zur Planungssicherheit für Unternehmen und Privatpersonen.
Unsere Nachbarn in Rheinland-Pfalz sind bereits beim Gesetzgebungsverfahren neue Wege gegangen: Sie haben zwischen der ersten und zweiten Ministerratsbefassung die klassische und in der Geschäftsordnung vorgeschriebene Verbändeanhörung um ein freiwilliges Beteiligungsverfahren ergänzt. Rheinland Pfalz wollte sich damit die Expertise der Bürger und Bürgerinnen, insbesondere aber der besonders betroffenen Fachgruppen einholen.
Ich kann die innovative Vorgehensweise unserer Nachbarn beim Gesetzgebungsverfahren nur empfehlen. So kann man den Kulturwandel innerhalb der Verwaltung, den wir mit dem IFG auch erreichen wollen, bereits schon im Verfahren angestoßen.
Nachdem Niedersachsen Anfang dieses Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat, steht Hessen ohne Informationsfreiheitsgesetz auf den letzten Platz in der Bürgerbeteiligung unserer Republik. Den hessischen Bürgerinnen und Bürgern wird weiterhin von der Landesregierung der berechtigte Zugang zu Akten und Papieren der Behörden verweigert.
Demokratische Meinungs- und Willensbildung, wie in anderen modernen, lebendigen Demokratien unserer Republik üblich, sind in Hessen nicht erwünscht. Gelebte Bürgerbeteiligung sieht anders aus!