
Klamme Beratungsstellen:
Einrichtung eines Opferhilfefonds wünschenswert?
Die Opferentschädigung greift in Hessen nicht in allen Fällen. Deshalb ist es für mich als Mitglied im Rechtsausschuss des Landtags notwendig, eine Auffangregelung zu schaffen. Aus diesem Grund habe ich im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen für die Einsetzung eines Opferhilfefonds gestimmt. Leider vergeblich! Der Opferhilfefond würde unter anderem dann greifen, wenn die finanzielle Notlage der Opfer von Straftaten bestehen bleibt. Das ist der Fall, wenn der Täter nicht ermittelt werden kann oder ihm kein Vorsatz nachzuweisen ist.
Auch die Inanspruchnahme des Täter-Opfer Ausgleichs ist nach meiner Auffassung ausbaufähig. Nach einer Mitteilung des Bundesjustizministeriums lag der Anteil der Ausgleichsfälle in Hessen im Jahr 2014 bei 8,3 Prozent. Warum wird der Täter-Opfer Ausgleich in anderen Bundesländern stärker in Anspruch genommen? Nordrhein-Westfalen (25,8 Prozent), Niedersachsen (13,1 Prozent), Sachsen-Anhalt (12,1 Prozent). Für mich ist der Täter-Opfer Ausgleich in der Konfliktbewältigung wichtig. Die niedrigen, ja rückläufigen Zahlen sind ein Alarmsignal und sicherlich nicht im Sinne des Dritten Opferrechtsreformgesetzes. Von der Landesregierung erwarte ich, dass sie die Ursachen für die Rückläufigkeit eruiert und öffentlich macht.
Eine Landesregierung, die den Opferschutz ernst nimmt, sorgt nach meiner Meinung für eine kostendeckende Finanzierung der Beratungsstellen. Die unvollständige Finanzierung der Beratungsstellen in Hessen spricht eine deutliche Sprache. Die Landesregierung ist im Bereich des Opferschutzes für mich nicht ausreichend aktiv.
Die Beratungsstellen für den Opferschutz können mit den bereitgestellten Landesmitteln nicht ihre Kosten decken. Zur Finanzierung der notwendigen Aufgaben müssen die Beratungsstellen Eigenmittel aus Geldauflagen und Spenden einsetzen.
Ausbaufähig ist auch der Bereich der Zeugenbetreuung. Es ist gut und richtig, dass die Landesregierung in den Landgerichtsbezirken Zeugenzimmer zur Verfügung stellt. Eine gute Rückzugsmöglichkeit für die Opfer, damit sie beispielsweise nicht den Tätern auf dem Gerichtsflur begegnen. Ohne eine fachliche Betreuung bleibt es allerdings nur ein leerer Raum. Was wir brauchen ist eine geschulte Betreuung vor Ort. Es darf nicht vom Zufall abhängen, ob das zuständige Gericht einen umfangreichen Zeugenschutz vor Ort anbietet oder nicht.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlungen wird den Opfern von Straftaten abverlangt, sich durch ihre Aussage erneut intensiv mit der Tatsituation auseinanderzusetzen. Das erfordert von den pädagogisch und psychologisch nicht geschulten Staatsanwälten und Richtern ein hohes Maß an Sensibilität, die ohne eigene Gewalterfahrung schwer zu erreichen ist. Die Ausbildung der Justiz ist daher im Bereich Opferschutz durch Pädagogen und Psychologen zu erweitern, die den Opferschutz nicht einfach im Frontalunterricht vermitteln. Dabei denke ich beispielsweise an die Integration der Arbeit von Opferschutzverbänden in die Ausbildungseinheiten, an Gespräche oder Praktika bei psychologischen Diensten, die mit Betroffenen zusammenarbeiten.
Als bedenkenswert halte ich in diesem Zusammenhang den Vorschlag der niedersächsischen Justizministerin, Videoaussagen von Opfern vor Gericht zu verwenden. So erspart man den Opfern die Konfrontation mit den Tätern und der Einschüchterung durch die Gerichtskulisse. Die Verbesserung der Aussagesituation für Opfer könnte sich positiv auf die Qualität der Aussagen und somit auf den Prozessausgang auswirken.
Die Bediensteten in den hessischen Justizvollzugsanstalten leisten schon heute einen ganz wichtigen Beitrag zum Thema Opferschutz. Nur durch sehr gut geschultes Personal gelingt eine effektive Resozialisierung der Täter. So ist die bestmögliche Wiedereingliederung in die Gesellschaft gegeben.